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Wintersturm II – neXus

Epilog zum Spiel Wintersturm II-neXus

Das Expulsionsprotokoll arbeitete mit maschineller Effizienz. Während immer mehr Zellen immer schneller zum einzigen Portal der großen Globule gezogen wurden, um ihren Inhalt in verschiedene Ebenen zu entlassen, stöhnte die ohnedies schon marode Portalsteuerung immer mehr auf. Als das jahrzehntealte Ritual in Zelle 74 durch den plötzlichen Ausstoß des Schamanen sich in einer Detonation aus Licht und rauer Kraft entlud, hätte das den Prozess und die Flucht fast beendet. Doch der Mechanismus arbeitete so schnell, dass das externe Portal unbehelligt blieb. Dennoch erzitterte die ganze Globule unter der gewaltigen Explosion.

Die Flucht der letzten Gefangenen in zig Ebenen gleichzeitig richtete mehr an als die, durch die Manipulationen schlecht eingestellte, Selbstzerstörung und alles, was die Ordenstruppen fanden, war ein auseinanderbrechender neXus und eine geplünderte, zerborstene Steuerung. Einzig das Nest der Fliegenden Horrors, die Rätseltruhe von Meister Ludens und der zurückgelassene, armselig wimmernde Mimic im Spielezimmer zeugten von der einstmals stolzen Menagerie des Schreckens.

„Wir konnten leider lediglich einige Aufzeichnungen bergen und die Protokolle der Wacheinrichtungen retten. Die Struktur selbst ist höchst instabil.“

Ein grünlich wabernder Kopf erstattete Bericht. Sogar die Verbindung bestätigte seine Aussagen, denn die Stimme brach ständig ab und das Bild flackerte so sehr, dass jeder Transzendente Weissager dafür eine Züchtigung erhalten hätte.

Die Oberste Transzendente Laokona hörte den Ausführungen nur beiläufig zu. Sie studierte viel interessierter die Berichte, die auf ihrer Schrifttafel in immer neuen Kombinationen erschienen. Ihr prachtvoll verzierter Ordenshelm verbarg ihre Miene, doch die Stimme ließ keinen Zweifel an der Unzufriedenheit.

„Bergt alles, was zu retten ist und gebt den neXus dann auf. Diese Ära ist zu Ende.“

„Seid ihr sicher, Oberste Transzendente? Mit genügend Aufwand …“

„Tut mir einen Gefallen, Saleg, und werdet nicht wie euer Vater. Tut einfach, was ich sage. Ohne Menagerie erfüllt er keinen Zweck mehr und ohne Zahlungen für die Menagerie können wir ihn nicht aufrechterhalten. Kommt einfach zurück.“

Der Kopf nickte und flackerte auseinander. Geles´ Junge war genauso exzentrisch wie sein Vater. Das mit der Brillanz ließ hingegen auf sich warten. Laokona rief nach den Budgetschriftrollen und ging sie gewissenhaft durch. Viele Fraktionen, Nationen, ganze Welten entrichteten an den Orden Zahlungen für die sichere Verwahrung von Geißeln und Geiseln. Manche hatten dies freiwillig getan, andere nach freundlicher Erinnerung, dass der Orden ihre Bedrohungen sonst wohl nicht sicher wegsperren würde können. Diese Einnahmequellen waren Geschichte. Einige der Monster hatten die unglückseligen Narren eliminiert, andere in die Vernichtung geschickt. Tarjan und die Tarraske würden ohne Zweifel überleben, kaum ein Expulsionsziel wäre wohl tödlich genug gewesen. Den Gott und den Weltenfresser auf die celestialen Ebenen auszuleeren, wäre eine endgültige Lösung gewesen, doch den unvermeidliche Zorn der dort residierenden Götter hatte der Orden schon damals nicht riskieren wollen.

Ein anderer Kopf flackerte auf.

„Oberste Transzendente, wir haben die Befragung der im Orden erschienenen Zelleninsassen abgeschlossen. Die Aufzeichnungen darüber befinden sich in der Bibliothek. Was sollen wir mit den Gefangenen machen?“

„Wie viel Schaden haben die drei angerichtet?“

„Nicht so viel, wie sie wohl gehofft hatten. Die Eindringlinge waren bereit, Pakte zu brechen, um die Elfe und den Dämon zu betrügen.“

„Gut“, sagte Laokona dann. „Es ist schon eine Weile her, dass ich Tentakel-Suppe gegessen habe und er wird sie nicht mehr brauchen. Bindet den Dämon an die Latrinen, er soll das Klopapier bewachen. Was die Elfe betrifft, erfüllt ihr ihren Wunsch nach der Erschaffung neuen Lebens, am besten mehrmals täglich. Und wenn es soweit ist, schneidet es aus ihr heraus und verfüttert es an die Spinnen von Leng.“

Den Rest des Tages verbrachte die Oberste Transzendente mit einer detaillierten Sichtung der Überwachungsaufzeichnungen. Sie ließ für jeden der Eindringlinge ein Dossier anfertigen. Grübelte über ihre Namen, Fraktionen, Welten. Bei der Regnum-Solis-Gruppe brummte sie anerkennend:

„Sehr gut abgeschottet und überaus zahlreich. Da haben wir etwas gemeinsam meine Lieben. Aber ihr tragt euer Banner zu offensichtlich.“

Sie markierte die Akten mit dem Vermerk „Assassinen – Cambion-Tanar´ri?“ und widmete sich den anderen Dossiers. Auf einige vermerkte sie „Rekrutieren?“, auf andere schlicht „Unwichtig“. Die meisten erhielten die Order „Beobachten“. Schließlich konnte sich Laokona wieder wichtigeren Dingen zuwenden. Egal, wie gut der Orden die Beweise verwischte, einige unerfreuliche Stellen würden von den Aktivitäten Wind bekommen. Auf der anderen Seite verschlang der neXus nicht länger ungeheure Ressourcen an Personal und Energie. Das ermöglichte Laokona, den Orden auf seinen ursprünglichen Zweck zurück zu fokussieren. Und dafür würde sie alle Macht brauchen, die verfügbar war. Zu viel Augenmerk auf Rache würde die Bemühungen nur verwässern – vorerst.

Laokona rief den Transzendenten Kämmerer und diktierte ihm ihre Befehle:

„Der Freie Orden der Transzendenten Sphären-Erkenntnis wurde an einer empfindlichen Stelle angegriffen und schwer getroffen. Nun ist es an der Zeit, die Kräfte zu bündeln und zu stärken. Ich rufe alle Transzendenten Dienstgrade bis auf die Transzendenten Scharfrichter und Transzendenten Augen aus allen 34 Sphären zurück zum Orden. Bis auf eine Garnison im Phlogiston in der Stärke von 10.000 Transzendenten Klingen und 85 Schiffen sollen sich alle Kräfte in die Kristallsphäre des Sanktuariums zurückziehen. Wir werden vor dem Auge des Kosmos unsichtbar werden, bis wir die Kraft haben, uns zu nehmen was unser ist und jene zu bestrafen, die uns im Weg stehen.“

Während sich die Legionen des Ordens in Bewegung setzten, unterworfene Götter den Rückzugsort des Ordens abschotteten und sich der Weltraum durch die heimkehrenden Flotten bald völlig verfinstern würde, nickte Laokona nur selbstzufrieden.

„Ihr habt etwas aufgeweckt, das euch bald wünschen lassen wird, ihr wäret alle vom Blutgeist ausgesaugt worden. Genießt die Zeit, die euch bleibt, bald wird euch der Weltensturm hinwegfegen.“

Der Wintersturm, ist nicht zu Ende…

 

 

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